Die Qual der Wahl

Nein, es geht leider nicht um Kink, sondern tatsächlich um die Europawahl.

[CN: sexuelle Übergriffe, Queerfeindlichkeit, Europawahl, Politik, Nazis, rechte Parteien]

Ich hasse Wahlen. Zumindest in diesem kleinen, unwichtigen Rahmen des Alltags. Wenn ich vor der Frage danach stehe, welche Schokolade ich kaufen oder gar, welche ich zuerst essen will, wenn ich mehrere habe. Wenn ich drei interessante Kinofilme habe und keinen Zeitumkehrer. Ja, ich habe auch Schwierigkeiten mit größeren Entscheidungen (Ist das hier noch eine gesunde zwischenmenschliche Beziehung? Sollte ich mein Studienfach wechseln?), und die sind auch verdammt scary, aber eigentlich ist das für mich immer ein Prozess davon, herauszufinden, was ich eigentlich will und mir dabei nicht eingestehe.

Dieses Konzept funktioniert nicht für Wahlen in Parlamente. Wenn ich normalerweise vor einer Wahl zwischen mehreren Optionen stehe, und ich finde einfach keinen Überblick und habe das Gefühl, dass mir nichts davon guttun wird – dann entscheide ich mich einfach nicht. Schön und gut. Das kann ich bei Wahlen in Parlamente nur echt nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.

Denn jede Stimme, die nicht abgegeben wird, macht die Nazis stärker. Die AfD-Fraktion. Die paar Parteien, die öffentlich noch rechter auftreten und im Herzen dieselben Nazis sind. Die sogenannte „konservative Mitte“, deren Ziel auch weiterhin sein wird, mir das Leben mit mehr Queerfeindlichkeit und Mononormativität schwer zu machen.

Wie jedes Mal bei einer Wahl in Parlamente habe ich überlegt, ob ich nicht doch Kleinstparteien wählen soll. Aber ich kann mich wieder einmal nicht dazu überwinden. Zu gering ist das Vertrauen in die Menschen dort, zu gering das Vertrauen in meine Mitmenschen, die ebenfalls zu wählen, sodass das Ganze zumindest bei ein paar Prozent endet. Aber wer bleibt dann noch?

Abuser sind nicht wählbar für mich. Ja, wir sind langsam an dem Punkt, an dem ich immer überlege, es mit dem Wählen doch ganz zu lassen, weil die Abuser irgendwie die mit der besseren Agenda für alle anderen als die Opfer solcher Übergriffe zu sein scheinen. Für mich funktioniert das Wählen solcher Menschen aber allein deshalb nicht, weil ich dann dabei mitgeholfen habe, dass Täter öfter im Rampenlicht stehen und dabei jedes einzelne Mal (mit)betroffene Menschen triggern (und halt mich). Ist das eine Ausrede, sich nicht dafür einzusetzen, dass die Lebensbedingungen von anderweitig marginalisierten Opfern außerhalb dieses einen Aspekts besser wird? Ich versuche, das anders zu tun, auch wenn ich mir dabei nicht sicher sein kann.

Aber gibt es überhaupt eine Partei, die mir sowohl Hoffnungen macht, ohne große Revolutionen gegen sie das Klima zu „retten“ (Read: den Clash für einen Großteil der Menschheit survivable zu machen)? Gibt es eine Partei, die gleichzeitig eine akzeptable bis gute Queerpolitik hat, dabei antifaschistisch und gegen Antisemitismus ist und deren Feminismus nicht ausschließlich binärer Müll ist? Probably not, und selbst wenn ich eine gründe, bin ich wieder Teil dieses Problems mit Kleinstparteien. Und mache mir damit ironischerweise selbst das Leben schwer. (Zeigt mir diesen Artikel und haltet mich davon ab, das zu tun, falls ich das umsetze, please)

Ich glaube, der Punkt dieses Artikels ist, dass ihr meine volle Unterstützung dabei habt, welche von den verbleibenden Menschen zu wählen, die irgendwie grün oder links sind. Denn die sind immerhin weder Nazis noch Abuser, und ich erkenne hiermit an, dass das für euch wahrscheinlich die beste Wahl (ha) ist. Wäre halt cool, wenn ihr dann auch mitkommt, wenn die Revolution beginnt. Oder zumindest vorher dabei seid, wenn es um Petitionen und all diese Beteiligungen geht, die wir wohl in den nächsten Monaten und Jahren wirklich viel zu nutzen haben, wenn wir einen weiteren Backlash in Rechten und der Rücknahme von erkämpften Räumen verhindern wollen.

Ich wünsche uns viel Glück dabei.