(Vorwarnung: Die Entstehung des hier beschriebenen Polycules im Roman ist Teil des Plots und wird ein kleines bisschen spoilern. Ich schreibe hier gezielt mit diesem Schwerpunkt über das Buch, um polyam Menschen einen Eindruck in die erfolgte Repräsentation zu geben)
CNs, die im Buch angegeben sind: Dysfunktionale Mutter-Tochter-Beziehung, Drogenmissbrauch, krankhafte Veränderung des Auges (bei Antagonist*innen, nicht bei Perspektivfiguren), Bombardement von Zivilist*innen, PTSD und Angstzustände, explizite Sexszenen, sexuell explizite Beleidigungen, Hierarchie und Gewalt in Hierarchien, Cybergliedmaßen und -sinnesorgane.
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Der Roman spielt in einer Sci-Fi-Welt und vor allem im Weltraum, in der Welt des Rollenspiels „Aces in Space“, das zum Verständnis aber nicht vorausgesetzt wird. Die Protagonistin Danai verlässt im Roman ihr Leben beim Großkonzern und schließt sich stattdessen der Flieger-Gang ihrer Mutter an. Sie findet dabei mit Kian jemanden aus dieser Gang ziemlich heiß und interessant, aber dann lernt sie seine Exfreundin Neval kennen, die auf einem Minenplaneten gegen Ausbeutung und den Angriffskrieg großer Konzerne auf eine solidarische und anarchistische Gesellschaft dort kämpft – und stellt fest, dass sie diese ebenso interessant findet.
Spannend ist, dass die Möglichkeit von Polyamorie im Worldbuilding scheinbar nicht verbreitet ist – insgesamt ist die Welt relativ queer und sehr sexpositiv, doch romantische Beziehungen passieren nur vereinzelt und teilweise wird die Sexpositivität toxisch, schlägt sich im Wording von Beleidigungen nieder und stärkt zwar kein Slutshaming, dafür aber Shaming von Menschen ohne viel casual Sex. Ohne ein Vorbild und ohne Worte muss Danai erst selbst ein Gefühl dafür entwickeln, dass sie gerade dabei ist, sich in zwei Menschen gleichzeitig zu verlieben. Und als sie Worte findet, kommen sich dadurch Kian und Neval wieder nahe, die scheinbar doch eher eine Trennung aus Umständen als aus fehlenden Gefühlen hatten.
Gerade diese Repräsentation hat mich fast so sehr gefreut wie die von Polyamorie an sich. Kian und Neval zeigen all die gemischten Gefühle nach einer schwierigen Trennung, aber bei bleibenden Gefühlen. Und auch wenn sie wohl beide deutlich mehr Gefühle für Danai haben als füreinander, gestehen sie sich ganz langsam auch die gegenseitige Zuneigung wieder ein. Dabei und danach bleiben Momente der Unsicherheit, die etwas aus dem Worldbuilding der starken Figuren ohne Schwächen fallen, aber das sind eben auch die Seiten, die sie alle online zeigen, und nicht alles an ihnen.
Gerade in Bezug auf Danai besteht zwischen den beiden auch Eifersucht, aber die bekommt Raum und wird nicht so dargestellt, als wäre sie entweder Danais Schuld oder unüberwindbar. Generell schaffen es die drei – besonders, weil sie während dieses Teils des Plot recht losgelöst vom restlichen Cast sind – sehr gut, sich Raum zu schaffen und gegenseitig Raum zu geben, auch ohne dass genau geklärt ist, wie sie jetzt eigentlich miteinander umgehen wollen. Dabei entsteht auch Raum für Experimentieren und gegenseitiges Nahekommen der Figuren. Und es wird klar, was für ein gutes Team die Aktivistin mit Rechtserfahrung, der Flieger-Star und Danai mit ihren Schwerpunkten in beiden Welten abgeben. Doch das Annähern passiert nicht nur über das gemeinsame Kämpfen für eine bessere Welt, sondern auch über schlichte Crushes und awkwarde Gespräche. Und über Sex. Der übrigens sehr explizit safe ist, was mir an dem Buch sehr gefallen hat.
Auch wenn die drei erst dann zusammenfinden, als die Handlung bereits ihren großen Wendepunkt erreicht, bilden sie ein wichtiges Motiv darin und danach. Und damit sind sie offiziell ein Teil der besten Polyam-Repräsentationen in Sci-Fi-/Fantasyromanen, die ich kenne. Ich hoffe, die Liste wird bald länger.
