Izzys Seriengedanken: You Me Her, Staffel 5

(Vorwarnung: Ich spoilere hier nicht nur alle vier bisherigen Staffeln von You Me Her, sondern auch die fünfte und letzte, einschließlich des Endes der Staffel.)

CNs: Referenzen auf: Gewalt, Gewaltandrohungen, vergangenen Abuse durch Eltern, Alkoholsucht

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First things first: In dieser Serie passiert so oft ein sehr ähnliches Drama, dass ich nach dem Previously On in der ersten Folge erst einmal nochmal schauen musste, ob mein Netflix die 4. Staffel wirklich als gesehen markiert hatte oder nicht. Aber ja, das war tatsächlich die 4. Staffel gewesen, und Izzy kam diesmal tatsächlich nicht aus einem kurzen Ausbruch zurück, sondern durch einen Anlass für eine kurze Weile nach einem kompletten Umzug.

Die Figuren reden endlich über ihre Gefühle, aber nur, wenn das jemand von außen erlaubt

Nina ist eine zentrale Figur, auch weiterhin, und auch wenn sie in dieser Staffel auch Raum bekommt, ihren Hang dazu, alles kontrollieren zu wollen, zu reflektieren, bleibt sie teilweise genau damit eine schlechte Plot-Lösung. Sie bringt Jack und Emma dazu, ein weiteres und hoffentlich letztes Mal alles mit Izzy abzubrechen, ohne sich dabei zu fragen, ob es das ist, was Izzy überhaupt will (schon wieder).

Überhaupt kommt in dieser Staffel so viel Judging von außen vor wie noch nie – da geht auch schon mal das Recht von Jack und Emma drauf, ihren Wohnsitz auszusuchen (und dass Nina ein „zu verkaufen“-Schild in den Vorgarten ihres Hauses hämmert und sie mit dem Werkzeug dafür bedroht, ist definitiv nicht so witzig, wie es zunächst aussieht). Oder Carmens Recht auf Mitsprache, aber das liegt wohl daran, dass die Schauspielerin nicht mehr mitmachte – deshalb wird jetzt eben nur noch über Carms Kopf hinweg entschieden, während sie angeblich off-screen wichtiges Geld verdient. Außerdem geht mal eben Izzys Recht verloren, den Kontakt zu ihrer abusive Mutter abbrechen zu dürfen. Und dass Jack in eine ungewollte Prügelei gedrängt wird, um seine „Ehre“ zu verteidigen, wird auch davon nicht progressiver, dass Emma und Izzy ihn davon abhalten wollen oder Emma angefangen hat – die Männer im Freund*innenkreis bleiben anheizende toxische Typen, auch wenn sie das sonst manchmal verstecken. Dass sie alle mit zwei recovering Alkoholiker*innen in einer Bar sind, um ausgerechnet die beiden zu feiern, ist nochmal eine ganz andere Geschichte. Und schließlich verliert Izzy (wieder mal) ihr Recht auf Privatsphäre, wenn Nina (wieder mal) ihren Ex-Partnerpersonen erzählt, wo sie inzwischen wohnt.

Jack und Emma fahren Izzy hinterher, Staffel 5 (von 5)

Und ja, sie haben alle Glück, denn als Jack und Emma Izzy hinterherreisen, um dort zu bleiben (aber gefühlt auch nur, weil sie sie am Flughafen verpasst haben!), ist Izzy tatsächlich froh darüber. Aber wieder einmal haben sie sich keine Gedanken gemacht, ob eine romantische Geste (eines plötzlichen Umzugs!) nicht auch verdammt Druck aufbauen kann – auch wenn sie die Gefahr davon in dieser letzten Staffel zugegebenermaßen ein paar Mal aussprechen (um gleich danach noch mehr emotionalen Druck aufzubauen, auch wenn sie da doch inzwischen etwas gelernt haben sollten).

Die Serie lernt, aber sie lernt zu spät

Und da ist das Gefühl schon wieder – Die Serie lernt, aber sie lernt zu spät. Wenn anhand von Yoga-Zeremonien durchaus mal Cultural Appropriation thematisiert wird, ist es am Ende doch wieder ein „überwindbarer kleiner Konflikt“, der zwischen zwei weißen Personen geregelt werden kann. Wenn Jack und Emma am Anfang der Staffel Izzy – die viel, viel weniger Geld hat als die beiden – als aktive Strafe innerhalb des Breakups ohne Vorwarnung aus ihrem Handyvertrag streichen, ist das an der Grenze zu abusive Verhalten, auch wenn sie das später in der Staffel einsehen. Und wenn sich Figuren zum x-ten Mal auf dieselbe Weise übergriffig benehmen, dann hilft auch nicht, dass sie das danach benennen. Nicht zuletzt, weil das nicht immer heißt, dass sie nicht genau dasselbe wieder tun.

Immerhin: Die drei Hauptpersonen Emma, Izzy und Jack haben in den letzten fünf Staffeln offiziell so lange Stückchen für Stückchen dazugelernt, dass etwas Unerwartetes passierte: Ich traue diesem fiktiven Throuple jetzt tatsächlich, ein glückliches Leben zu führen. Immerhin bekommen sie am Ende das Problem des Anfangs gelöst und schaffen es, alle drei gleichberechtigt miteinander umzugehen (ob das jetzt auch wieder durch ein leibliches Kind bestätigt werden muss, ist eine andere Geschichte…). Aber alle anderen Figuren sind an dem Punkt, an dem die Hauptfiguren in Staffel 3 waren: Sie geben vor, healthy miteinander umzugehen, und tun das nur bis zu einem bestimmten Punkt. Schön, dass die Serie das als personal growth verkauft, aber diese Figuren hatten auch alle fünf Staffeln lang Zeit.

Da ich diese letzte Staffel vor allem aus Langeweile und ohne Erwartungen angesehen habe, gehe ich trotzdem positiv überrascht (und vielleicht zu zehn Prozent versöhnt) aus der Serie. Denn immerhin: Ein kleiner Teil der Figuren hat offenbar endlich gelernt, dass dauernd neues Chaos nicht die Lösung ist und sie über Gefühle und Probleme reden sollten, statt alles herunterzuschlucken. Und das zeigt, dass sie endlich das getan haben, was sie in Staffel 1 wollten – den gesellschaftlichen Erwartungen entfliehen. Das hat gedauert, ihr drei.

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[Photo von Zack Spear auf Unsplash]