Works for me – und was ist mit allen anderen? Ausreden für die Cops und ihre größere Dimension

[Content Notice: Cops, Polizeigewalt, Racial Profiling, Antifeminismus]

Ich komme im Streit mit Cops aus dem Schlimmsten raus, weil ich mich konservativ gebe. Das ist gar nicht so problemlos, wie ich anfangs dachte.

Ich habe eine feste Strategie, wenn ich Ärger mit den Cops bekomme (oder in einem Streit an dem Punkt bin, an dem sie überlegen, ob sie mich weiter nur verwarnen sollten oder nicht): ich hole die konservativen Aspekte raus, ändere meine Körpersprache und meinen Sprachcode – und bin so bisher noch aus allen brenzligen Situationen rausgekommen. Das ist allerdings auch nicht unbedingt die coolste Vorgehensweise aller Zeiten. Ja, sie bringt mich da raus. Aber sie hat einige problematische Aspekte.

Gezieltes Bestätigen von Vorurteilen

Zunächst einmal habe ich diese Möglichkeit natürlich nur, weil ich oft konservative Kleidung trage, mit meiner Bürgi-Erziehung diesen bestimmten Sprachcode erlernt habe, der dann abgerufen wird – und nicht zuletzt, weil ich weiß und cis bin und damit überhaupt erst in die Schublade der Cops falle, in der ich konservativ sein darf. Und in der das dann auch sofort wieder entschuldigt, dass ich am Anfang ja anders rübergekommen bin. Ich hatte Gespräche mit Cops, in denen mir augenzwinkernd gesagt wurde, ich sollte meine Eltern grüßen (sie kennen sich nicht! Ich bin nicht so bürgi aufgewachsen), während der Notizblock wieder in der Tasche verschwand und die beschlagnahmten Sticker auf einmal wieder in meiner Hand waren. Dieses plötzliche Wechseln der Schublade kann ich nur deshalb für mich nutzen, weil es zugelassen wird. Und ich meißele mit diesem Notausgang jedes einzelne Mal weiter in Stein, dass weiße junge Frauen ja hilflos und eben jung sein – keine ernstzunehmende Bedrohung. In den allermeisten Fällen würden PoC diese Chance nicht bekommen, und jedes weitere Beispiel auf meiner Seite muss für rassistisch denkende Cops ihr eigenes Denken bestätigen. Not cool.

Das eigene Darstellen von Frauen als ungefährlich

Ganz abgesehen vom feministischen Aspekt: was mache ich eigentlich, wenn ich als junge, kleine und dünne cis Frau den Ausweg von „ich bin doch ach so ungefährlich“ nehme? Ich mache mich unwichtig und unsichtbar. Ich nutze den schon vorhandenen Argumentationsweg und mache mich in den Augen der Cops irrelevant – was nur funktioniert, weil sie diese Schublade für irrelevante junge Frauen, die halt manchmal komische (eventuell illegale) Dinge tun, bereits haben. Und wenn ich dann schon dabei bin, einen Ausweg zu wollen, dann halte ich auch mal aus, dass meine Beleidigungen den Cops gegenüber auf meine Periode geschoben werden. Es macht mich dann verdammt wütend, aber bisher war ich am Punkt solcher Kommentare bereits so tief im Unterdrücken aller Gefühle, dass ich einfach die Klappe gehalten habe. Not cool!

Einlenken ist Einlenken – auch mit knirschenden Zähnen

Dann ist da noch ein Aspekt, der eher auf der nächsthöheren Ebene stattfindet, aber nicht weniger relevant ist: Ich lenke ein. Meistens hat das Gespräch mit einem Kommentar oder einer Beleidigung von mir aus begonnen oder ist in die Bahn geraten, in der der Ärger ausbrach. Und jetzt lenke ich aktiv ein. Was macht das eigentlich mit den Cops? Sie werden mich nicht nur weniger ernst nehmen, es macht auch jeden weiteren Versuch von einer Person, die in dieselbe Schublade fällt, weniger erfolgreich. Sie werden wahrscheinlich jeder Person nach mir weniger zuhören – denn die meinen es ja sowieso alle nicht ernst. Auch ein Kriminalisieren und viel negative Aufmerksamkeit für linke Bewegungen ist scheiße, aber in der Bedeutungslosigkeit versinken, weil wir von den Cops und ja bereits jetzt schon von Teilen des medialen Diskurses für nichts als eine Truppe „verzogener Jugendlicher“ gehalten werden? Auch nicht so cool.

Auswege und Alternativen

Mein üblicher Ausweg ist also ziemlich scheiße. Bisher ist mir aber kein anderer eingefallen – und Cops einfach machen lassen, statt sie ab und an anzupöbeln, fühlt sich auch scheiße an. Gezielt eine Aus- oder Weiterbildung machen, in der ich irgendein fancy Dokument bekommen würde, das die Cops abschreckt? Keine Option für mich, zumal mich diese Institutionen durch vergangene „Vergehen“ (sorry für Wortspiele in einem Sachtext) vermutlich auch außerhalb von meiner Einstellung bei Bewerbungsgesprächen nicht nehmen würden. Überhaupt nicht klein beigeben und weiter Contra geben, bis ich gegen eine Wand renne? Das kann ich gut und darin habe ich auch einige Erfahrung. Aber ich habe in diesem Fall echt keine Motivation, die Konsequenzen zu tragen. Zumal es dann wohl schnell keine Izzy in Freiheit mehr geben würde, die ihre Aktionen hinterfragt, und ich bin noch nicht sicher, ob das strukturell ein Vor- oder Nachteil ist. Zumindest ist es für mich auf persönlicher Ebene ein großer, deshalb habe ich diese Option bisher nicht gewählt.

Deshalb werde ich wohl zumindest auf kurze Sicht bei meiner momentanen Vorgehensweise bleiben. Sie erlaubt, dass ich, nervous bundle of anxiety, das ich direkt nach solchen Aktionen bin, das Adrenalin und die Wut vor diesen Aktionen nutze und sie durchziehe, statt ausschließlich den Kopf unten zu halten, sobald die Cops auch nur am Horizont auftauchen (was halt voll valide ist, denn fuck, es sind Cops, aber für mich passt es nicht, das zu tun, wenn ich aus Erfahrung weiß, dass ich alternatives Verhalten durchziehe und überlebe).

Schon ein schwieriges Thema. Leider, denn ich würde gern einfach weiter diskutieren und beleidigen, aber dann wäre ich wohl schon länger nicht mehr in der Lage, diesen Blog zu schreiben. Was habt ihr so für Strategien beim Umgang mit den Cops, wenn das Gespräch in Ärger abdriftet? I’m interested!